Vincenz Hundhausen

male (1878–1955)

Alternative Names: Hong Taosheng; 洪濤生; 洪涛生; Hóng Tāoshēng; Hung T'ao-sheng

Wikidata ID: Q1644183 | de: Vincenz Hundhausen | en: Vincenz Hundhausen | zh: 洪濤生

Vincenz Maria Hermann Hundhausen (15 December 1878 – 18 May 1955) was a German who was a German-language professor at Peking University and a translator of Chinese works into German. In 2001 Annette Merker, author of a book review of Vincenz Hundhausen (1878-1955): Leben und Werk des Dichters, Druckers, Verlegers, Professors, Regisseurs und Anwalts in Peking, wrote that he was "little known by non-sinologists".

Translations

72
  • Bei feng 北風: Aufruf (Anonymous (Shijing))
    Eisig weht der Wind von Norden, Und der Schnee fällt ohne Ende. Oh, es ist schon spät geworden! Freunde, reichet mir die Hände! Kommt, zum Zaudern fehlt die Zeit! Folgt mir, Freunde! Seid bereit! Heftig braust der Sturm von Norden, Und der Schnee verhüllt die Erde. Oh, es ist schon spät geworden! Kommt, daß es zu spät nicht werde! Kommt, wir wandern Hand in Hand In ein anderes, besseres Land! Saht ihr gelb die Füchse schleichen? Saht ihr schwarz die Raben ziehen? Freunde, oh, versteht die Zeichen! Ohne Rückkehr laßt uns fliehen! Schirrt die Wagen! Seid bereit! Freunde, kommt! Es drängt die Zeit.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 124.
  • Biao you mei 摽有梅: Sie erwartet einen Antrag (Anonymous (Shijing))
    Von dem Pflaumenbaume fielen Alle Früchte bis auf sieben. Sieben Früchte sind geblieben An den Zweigen von den vielen. Mancher edle Jüngling sagt, Daß er herzlich mich begehre. Ob des Tages Glück und Lehre Einer zu verstehen wagt? Von dem Pflaumenbaume fielen Alle Früchte bis auf drei. Einsam hängt die kleine Reihe Der drei letzten von den vielen. Mancher edle Jüngling sagt, Daß sein Glück nur ich bedeute. Ob von diesen vielen heute Einer wohl zu kommen wagt? Auch die letzten Früchte fielen. Jemand liest sie aus dem Sande, Und ein Korb mit flachem Rande Sammelt sie zu all den vielen. Mancher edle Jüngling sagt, Daß sein Herz für mich nur schlage. Ob von unserm Hochzeitstage Einer heut zu sprechen wagt?

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 120.
  • Cai ge 采葛: Der Freund ist fern (Anonymous (Shijing))
    Fasel sammelt er im Hag. – Wenn ich meinen Freund nicht sehe, Wird drei Monde mir ein Tag. Beifuß sammelt er im Hag. – Wenn ich meinen Freund nicht sehe, Wird drei Herbste mir ein Tag. Wermut sammelt er im Hag. – Wenn ich meinen Freund nicht sehe, Wird drei Jahre mir ein Tag.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 118.
  • Cai lian qu er shou (2) "He ye luo qun yi se cai" 采蓮曲二首 (其二) "荷葉羅裙一色裁": Das Mädchen in den Lotosblumen (Wang Changling 王昌齡)
    In schimmernd grüner Seide Im Lotossee ein holdes Kind! Und weil auch grün die Blätter sind, so passen sie zum Kleide. Und weil das liebliche Gesicht Blüht gleich den Blumen, die sie bricht, Muß ganzlich sie verschwinden. Erklänge nicht ihr helles Lied, das durch die Blumen mit ihr zieht, ich wüßt´ sie nicht zu finden!

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 30.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 72.
  • Cai wei 采薇: Lied der Krieger (Anonymous (Shijing))
    Farne pflücken wir, die jungen Sproßen in den Niederungen. – Ehe wir die Heimat sehen, Wird das Jahr zu Ende gehen. Weil die Hunnen südwärts zogen, Bleibt zum Rasten keine Zeit; Sind um Heim und Haus betrogen, Sind von Eltern, Brüdern weit, Weil die Hunnen südwärts zogen. Pflückten Farne, als die langen Wedel weich im Winde schwangen. – Wenn wir von der Heimkehr sprechen, Möchte unser Herz zerbrechen. Nichts als Hunger, Durst und Plage Bringt der Grenzwacht strenge Pflicht. Tage reihen sich an Tage, Doch ein Bote reitet nicht, Der den Eltern Runde sagte. Pflückten Farne; steil im Winde Standen sie mit harter Rinde. – Auch der zehnte Mond wird enden, Ohne unser Los zu wenden. An des Reiches Grenzen stehen Für den König, ist nicht leicht. Ohne Rast die Tage gehen, Und ins Herz die Sorge schleicht, Daß wir nie die Heimat sehen. Doch, was glänzt im Sonnenscheine? Wilde Pflaumen blühn am Haine. Doch, was blinkt und blitzt und flimmert? Unseres Feldherrn Wagen schimmert. Vier gewaltige Hengste fliegen Vor des Wagens goldner Pracht. Wer will da noch müßig liegen? Jeden Mond geht's in die Schlacht Dreimal, um dreimal zu fliegen. Wie in ihren Silberzäumen Die vier Hengste mutig schäumen! Wie im Fluge rollt der Wagen, Dem der Krieger Herzen schlagen. Elfen blinkt des Feldherrn Bogen, Und mit dunkler Seehundshaut Ist sein Köcher überzogen. Unserem Schutz ist er vertraut In des Krieges Sturm und Wogen. Erstes Grün die Weiden zierte, Als das Heer hinausmarschierte. Bei der Heimkehr steht die Weide Schon im weißen Winterkleide. Reich an neuen Bitternissen Wird der Heimmarsch wieder sein. Werden Trank und Speise missen, Und von aller Not und Pein Wird zu Hause niemand wissen.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 127f.
  • Chang an chun 長安春: Frühlingsweh (Bai Juyi 白居易)
    Die schwachen Weidenkätzchen beben Ohnmächtig vor dem grünen Tore. Den gelben Blütenstaub verwehen Ostwinde zart zu goldnem Flore. Zu einem Rausche wird nicht taugen Der leichte Wein, den hier sie schenken. Oh, so voll Frühlingsweh die Augen, Und Hoffnung nicht, es zu ertränken.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 33.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 33.
  • Chi shang er jue (2) "Xiao wa cheng xiao ting" 池上二絶(其二) "小娃撐小艇": Die kleine Diebin (Bai Juyi 白居易)
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 69f.
  • Chun ri du zhuo er shou (1) "Dong feng shan shu qi" 春日獨酌二首 (其一) “東風扇淑氣”: Ein Frühlingstag (Li Bai 李白)
    Noch fließt erfrischend über Baum und Welle Des schönen Frühlingstages milde Helle. Die Gräser badet letztes Sonnenlicht. Ein leiser Ostwind weht mit sanftem Wehen Und heißt die zarten Blättchen mit sich gehen, Die er aus frühverblühten Blumen bricht. Die Vögel kehren heim zu ihren Zweigen. Ach, jedes Ding weiß einen Platz sein eigen; Nur mir allein ward eine Stätte nicht. Ich warte auf den Silbermond und winke Ihm grüßend zu und trinke, trinke, trinke Und singe in die Nacht ein Lenzgedicht.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 18.
  • Chun ri you luo fu tan 春日遊羅敷潭: Ein Spaziergang (Li Bai 李白)
    Ich wandere singend das Tal hinauf Auf schmalem Pfad, und der Pfad hört auf. Da klettere ich hoch an der steilen Wand Und springe hinüber von Rand zu Rand. Ich finde die Quelle im Felsgestein, Und ich tauche die spielenden Hände hinein. Lichtweiße Wölkchen schweben daher, Und Blumen blühen – ein Blumenmeer! Im Westen, wo Berge an Berge sich reihn, Die sinkende Sonne im Purpurschein! Oh, bleiben, bleiben, und niemals fort Aus deinen Freuden, du seliger Ort!

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 19.
  • Chun ri zui qi yan zhi 春日醉起言志: Erwachen im Frühling (Li Bai 李白)
    Ich sagte mir, das Leben ist nur ein schwerer Traum; Durch Arbeit und durch Sorgen ihn stören lohnt sich kaum. Und also sprechend leert' ich den Becher Tag für Tag, Bis ich berauscht und hilflos vor meiner Schwelle lag. Erwachend sah ich blinzeld des Rasens frisches Grün, Im hellen Sonnenglanze der Blumen Frühlingsblühn. Und einsam in den Blumen ein Mangovogel sang; Wie weich und süß sein Singen im Frühlingswinde schwang! So weich und süß und sehnend! Ich seuftzte tief und schwer, Füllt seufzend meinen Becher und trank ihn seufzend leer, Und sang mit rauher Stimme dann selbst ein wildes Lied, Sang bis die Sonne purpurn am Horizonte schied, Und langsam aus dem Dunkel der bleiche Mond sich hob Und eine Silberdecke dem trunknen Sänger wob.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 45.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 45.
  • Chun xiao 春曉: Am frühen Frühlingstage (Meng Haoran 孟浩然)
    Ein Frühlingsmorgen kühl und früh! Ich schlummere noch und träume. Der Vogellieder Melodie Füllt rings schon alle Bäume. Ein anderes Lied klang in der Nacht Von Wind und Regengüssen, Und viele Blüten sanken sacht Und haben sterben müssen.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 27.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 78.
  • Chun ye 春夜: Frühlingsnacht (Su Shi 蘇軾)
    Frühlingsnacht! Ein Augenblick Ist mit Gold nicht aufzuwiegen. Klare Düfte schweben, Schatten Seh' ich auf dem Monde liegen. Vom Altane Flötenklang, Leise, leise Liebeslieder! Wo die Gartenschaukel schwang, Senkt die Nacht sich dunkel nieder.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 69.
  • Chun ye luo cheng wen di 春夜洛城聞笛: Ein Flötenlied in Lau-Yang (Li Bai 李白)
    Irgendwo ist leise, leise In der stillen Frühlingsnacht Glockenrein die goldene Weise Einer Flöte aufgewacht. Zärtlich streuen auf Lo-Yang Weiche Winde Klang auf Klang. In den wunderbaren Tönen Ihres Liedes klar und schlicht Hört man, wie die Hand der Schönen Junge Weidenzwiege bricht. – Und die Seele trägt ein Traum Heimwärts über Zeit und Raum.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 73.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 73.
  • Chun yuan "Da qi huang ying er" 春怨 “打起黃鶯兒“: Sehnsucht (Jin Changxu 金昌緒)
    Nachtigall, schweige! Ich muß dich verjagen Von deinem Zweige. Ein Traum will mich tragen Nach Liau-xsi. Es taugt nur dein Singen, Vom Weg ihn zu bringen, Und Liau-xsi Erreiche ich nie.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 60.
  • Da you wen 答友問: Das Alter (Bai Juyi 白居易)
    Ich presse stumm mich in die weichen Kissen; Kein Laut dringt freundlich durch den leeren Raum. Im Bette stets und doch kein Schlaf, kein Traum! O Leid, sich ohne Schmerzen krank zu wissen! Auf meine Schläfen drückt des Frostes Joch; Zu bleichem Jade ward das Rot der Wangen. Wie machten doch die Jahre, die gegangen, Die Gliederalt, das Herz viel älter noch!

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 25.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 25.
    Only the second stanza correlates with the Chinese poem.
  • Dong ye 冬夜: Winternacht (Bai Juyi 白居易)
    Mein Haus ist arm. Die ich geliebt so sehr, Verließen mich und kennen mich nicht mehr. Mein Leib ist krank. Ein Fest in frohem Kreis Ist eine Gunst um die ich nicht mehr weiß. In meiner Hütte sitze ich allein; Kein Freund, kein Mensch tritt grüßend bei mir ein. Das alte Lämpchen brennt mit schwachem Licht, Die Fetzen an den Fenstern schließen nicht. "Tschek, tschek" der eine Laut nur trifft mein Ohr: Der Neuschnee schlägt an Fensterbrett und Tor. Ich sitze wachend noch um Mitternacht; Mich flieht der Schlaf, der Jüngere glücklich macht. Doch: "Sitzen und Vergessen!" lernt' ich früh, Sonst trüge diese Einsamkeit ich nie. Wenn auch der Leib sich steif zur Erde biegt, Frei schwebt der Geist, vom Sinn der Welt gewiegt. Vier Jahre gingen schon so hart und schwer Und vierzehnhundert Nächte schwarz und leer.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 49.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 49.
  • Du zuo jing ting shan 獨坐敬亭山: An den Djing-Ting-Berg (Li Bai 李白)
    Hier bei dir zu liegen, Ist der schönste Ort. Alle Vögel fliegen In der Ferne fort. Weiße Wolken ziehen Müßig noch daher; Auch die Wolken fliehen, Keine schimmert mehr. Wie gefällt uns beiden Dies Zuzweitnursein! Wenn ich auch muß scheiden, Bist du ganz allein.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 78.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 78.
  • Er zi cheng zhou 二子乘舟: Böse Ahnung (Anonymous (Shijing))
    Auf des Stromes Wellen schweben Fern die Barken mit den schönen, Mit den jungen Fürstensöhnen: Und ein ahnungsvolles Beben Mischt sich leise in mein Sehnen. Auf des Stromes Wellen schwanken Fern die Barken mit den schönen, Mit den jungen Fürstensöhnen: Und mit ahnenden Gedanken Mischt die Furcht sich in mein Sehnen.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 123.
  • Fang dai tian shan dao shi bu yu 訪戴天山道士不遇: Der Klosterfreund ist fortgegangen (Li Bai 李白)
    Noch rauschen des Flusses Wellen Herauf aus dem tiefen Tal. Eines Hundes hastiges Bellen Ertönt und verhallt einmal. Auf Pfirsichblüten flimmert In tausend Perlen der Tau, Der steile Bambus schimmert Empor in das leuchtende Blau. Hoch hängt ein Quell am Felsen Gehüllt in Silberstaub, Mit ihren schlanken Hälsen Verschwinden die Hirsche im Laub. Noch keine Glocken klangen, Wie ich am Tore bin. Mein Freund ist fortgegangen, Und keiner kann sagen, wohin. Da sitze ich an die Kiefer Gelehnt wohl lange Zeit, Und tiefer und immer tiefer Wird rings die Einsamkeit.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 72.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 72.
  • Ge tan 葛覃: Tai-sse, die eine gute Hausfrau geworden, will ihre Eltern besuchen (Anonymous (Shijing))
    Reich geschmückt mit grünen, blanken Blättern winden Faselranken Von den Hängen sich zum Grunde. Hurtig flattern hin und wieder, Sich zu suchen, sich zu finden In den dichten Laubgewinden Ziere, gelbe Nachtigallen; Ihre hellen Liebeslieder Hört man schon von ferne schallen. Schlanke Faselranken klettern Dicht behängt mit blanken Blättern Von den Hängen bis zum Grunde. Sie zu schneiden, sie zu sieden Und sie kundig herzurichten Zu Gewändern, reichen, schlichten, Nutzte ich des Sommers Tage; Und ich bin es wohl zufrieden, Wenn ich diese Kleider trage. Möchte meine Eltern sehen. Es dem König zu gestehen, Bat ich meine Oberzofe: Will zu meiner Heimatreise Emsig die Gewänder richten, Die besonderen und die schlichten. Wascht und glättet, liebe Frauen! Oh, wie ich mich glücklich preise! Meine Eltern soll ich schauen!

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 113.
  • Gu feng "She jiang wan qiu shui" (auch: Zhe he you zeng) 古風”涉江玩秋水“(一作 折荷有贈): In den Lotosblumen (Li Bai 李白)
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926.
  • Guan ju 關雎: Preislied auf Tai-sse, die Königsbraut (Anonymous (Shijing))
    Auf des Stromes Insel baute Sich sein Nest ein Entenpaar. Zärtlich locken Wechsellaute: Kouan, kouan! immerdar. In des Elternhauses Stille Ist ein holdes Kind erblüht, Sanft und sittsam von Gemüt. Unser Fürst hat sie erschaut, Und sein königlicher Wille Wählte sie zur würdigen Braut. Durch der Wasserrosen Blüten Gleitet unser Kahn dahin. Züchtig wußte sie zu hüten Ihren minniglichen Sinn. Unseres Fürsten Luft und Kummer Ist nur sie, und sein Begehr Sucht nach keiner andern mehr. Weil der Fürst an sie gedacht, Wälzte er sich ohne Schlummer Schon so manche lange Nacht. Wasserrosen blühn; wir pflücken Ihre Blüten in den Kahn. Um die Holde zu entzücken, Lautenspiel und Harfe nahn. Wasserrosen blühn; wir bücken Uns nach ihnen auf die Flut. Oh, wie ist sie rein, und gut! Glocken klingen hell und laut, Um die Holde zu beglücken; Paukenschlag begrüßt die Braut.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 112.
  • Hai tang 海棠: Die Päonie (Su Shi 蘇軾)
    Mit langen Strichen streicht Der Ostwind durch die Nacht. Ein Schleier schwingt und schleift, Der Mond entschwindet sacht. Des Hauses Schatten greift An die Päonie dicht. Damit sie weiter wacht, Entzünde ich ein Licht, Das um die Blütenpracht Ein zartes Zittern flicht.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 56.
  • Huang ge pian 黃葛篇: Am blühenden Hanf (Li Bai 李白)
    Im Bache ist der Hanf erblüht; So weit, so weit das Auge sieht, Hat er sein Gold gebreitet, Darauf ein Schleier gleitet. Oh, seht, die stille Frau gebückt, Wie emsig sie die Stengel pflückt: "Ich muß ein Kleid ihm weben, Ein schöneres soll's nicht geben. Im fernen Süden ist er weit, Da braucht er wohl ein leichtes Kleid. Flink, flink, ihr kleinen Hände, Daß ich es bald ihm sende! Und ist die Sommerszeit vorbei, Wer glaubt, daß es ihm wertlos sei? Er hegt's, daß es ihn freue Als Zeichen meiner Treue."

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 14.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 14.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 14.
  • Huang he lou song meng hao ran zhi guang ling 黃鶴樓送孟浩然之廣陵: Bei der Abreise des Freundes (Li Bai 李白)
    Silbergrauer Märzrauch webt Schleier um die Blumensterne. Einsam gleitend in die Ferne Meines Freundes Dschunke schwebt, Bis ihr Schatten ganz zerfließt In den blauen Himmelsbogen, Und der Strom die leeren Wogen In die leere Luft ergießt.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 75.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 75.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 75.
  • Hui xiang ou shu er shou (1) "Shao xiao li xiang lao da hui" 回鄉偶書二首(其一)“少小離鄉老大回”: Heimkehr (He Zhizhang 賀知章)
    Als junger Mann zog ich hinaus Und kehre heim als Greis, Ich trete grüßend in mein Haus Mit Haaren silberweiß. In meinem Gruße klingt vielleicht Die alte Stimme noch: Seitdem die Zeit mein Haar gebleicht, Ward ich ein anderer doch. Die eignen Kinder sehn mich an Und kennen mich nicht mehr. Und eines fragt den fremden Mann, Wo seine Heimat wär'?

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 54.
  • Jiang jin jiu 將進酒: Schafft Wein herein (Li Bai 李白)
    Seht ihr fern zusammenfließen Gelben Strom und Himmelsbogen? Ewig wälzt der Strom die Wogen, Bis sie sich ins Meer ergießen, Um die Wiederkehr betrogen. Seht ihr vor dem Spiegel stehen Hoch und Niedrig und der Haare Niemals wieder wandelbare Bleiche Fäden trauernd sehen? Wie die Wogen ziehn die Jahre. Um des Lebens Morgen weben Farben sich gleich dunkler Seide, Doch sein Abend ist vom Kleide Tiefen Winterschnees umgeben: Füllt das Leben drum mit Freude! Freunde, grüßt des Mondes Schimmer Mit dem edelsten der Weine! Bei des Mondes Silberscheine Leere sich der Becher nimmer! Ward die Kraft nur mir alleine? Freilich, tausend Gulden sind schon Durch die Kehlen uns geschwommen. Tausend neue hergenommen! Denn bereit stehn Schaf und Rind schon, Daß sie auf die Schlachtbank kommen. Und noch dreimal hundert Becher Muß ein jeder von uns trinken. Dürfen wir in Scham versinken Vor dem Ruhme jener Zecher, Die aus alter Zeit uns winken? Willig leih' ich meine Ohren Eurem Lied; doch müßt ihr wissen: Lieder, Glocken, Leckerbissen, Alles, alles ist verloren, Müssen wir den Wein vermissen. Zechen wollen wir! Nicht lange Darf uns Nüchternheit mehr quälen. Wer kann Rühmliches erzählen Von den Heiligen? Doch im Schwange Bleibt der Ruhm der tüchtigen Kehlen. Haben nicht die Festgenossen Im Ping-Lou-Palast die Sonnen Ewig hellen Ruhms gewonnen, Weil für sie der Wein geflossen Aus mehr als zehntausend Tonnen? Du, der Hausherr dieses Festes, Weshalb blickst du so betreten? Klagst, daß dir von den Moneten Schwand die letzte Spur des Restes? Schaffe Wein! Hier hilft kein Beten! Muß ich lange dir erwidern, Daß dein Schecken in dem Stalle Und dein Pelz in jedem Falle Tausend wert sind unter Brüdern? Tue, was wir täten alle! Mit dem Pelze und der Mähre Sende deinen jungen Sprossen! Kennen muß er unverdrossen, Daß der Wein bald wiederkehre Zu den trocknen Festgenossen! Neu die Becher dann geschwungen! Und die edelste der Gaben Hat die Sorgen, die wir haben, Du und wir, alsbald bezwungen Und im Rausche tief begraben.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 62-64.
  • Jing ye si 靜夜思: Erwachen in der Nacht (Li Bai 李白)
    Vor meinem Bette spielt ein weißes Licht. Ist es der Morgen schon? Ich weiß es nicht. Und wie ich zweifelnd hebe mein Gesicht, Seh ich den Mond, der durch die Wolken bricht. Da muß ich mich zurück aufs Lager senken Und heimatlos an meine Heimat denken.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 17.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 17.
  • Jue ju si shou (3) "Liang ge huang li ming cui liu" 絕句四首(其三)“兩個黃鸝鳴翠柳”: In der Verbannung (Du Fu 杜甫)
    Gelbe Nachtigallen singen In der Weide ihren Schmerz, Reihen weißer Störche schwingen Durch die Luft sich heimatwärts. Im Gebirge drohen Mauern Hochgetürmt aus Eis und Schnee, Ungezählte Schiffe lauern Überall auf hohe See.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 34.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 34.
  • Ke zhong xing "Lan ling mei jiu yu jin xiang" 客中行“蘭陵美酒鬱金香“: An einen edlen Wein in einer jadenen Schale (Li Bai 李白)
    Nardenduft weht um die Schale; Durch ihre jadene Blässe Leuchtest du gleich dem Opale. Wirke, du seltene Gabe, Daß ich im Rausche vergesse, Wo meine Heimat ich habe.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 40.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 40.
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  • Mo shang zeng mei ren 陌上贈美人: Ein Morgenritt (Li Bai 李白)
    Ein froher Morgenritt Auf schönem, stolzem Pferde: Sein schneller Huf zertritt Die Blüten auf der Erde. Die schwanke Gerte streift An eines Wagens Türe, Ein schmales Händchen greift Des Vorhangs Perlenschnüre. Ein Köpfchen neigt sich schnell, Zwei dunkle Augen winken Zum Hügel hin, wo hell Des Hauses Stufen blinken.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 77.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 77.
  • Not determined 未定: Inschrift an dem Hause Litaipos (Li Bai 李白)
    Kommst du an diese Stätte, Ist, Wein zu trinken, vergönnt dir, Aber zu dichten versagt: Denn der Meister ist nah.

    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 62.
  • Not determined 未定: Auf dem Yang-tse (Su Shi 蘇軾)
    Auf den Wellen spielt der West, In des Berges breiten Rücken Bis der helle Mond sich fest, Zwingt ihn, sich mit Glanz zu schmücken. Meine Dschunke gleitet sacht, Mich nach Su-An-Djeng zu bringen, Während durch die klare Nacht Aus Su-An-Dzo die Hörner klingen. Sie begleiten meine Fahrt Treulich, ohne zu ermüden; Freundesstimmen, traut und zart, Nehme ich mit mir nach Süden. An dem andern Ufer lauscht Noch mein Ohr auf ihre Weise, Und des Stromes Welle rauscht Zu der Melodie ganz leise. Glaubt man, daß derselbe Klang Allerorten gleich ertöne? Wenn er aus der Heimat schwang, Trägt er eigene, süße Schöne. Wie das Lied mich traurig macht! Selbst ein Drache müßte weinen. Wie vertraut mir durch die Nacht Baum und Strauch am Strom erscheinen! Sollt' ich einst der Fremde müd Wieder diese Ufer streifen, Muß dasselbe, süße Lied Grüßend an das Herz mir greifen.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 58.
  • Pi pa xing 琵琶行: Die Lautenspielerin (Bai Juyi 白居易)
    Bei Hsün-Yang war's und Nacht. Der uns bewirtet Und uns begleitet hatte, stieg vom Pferde. Wir saßen schon zur Weiterfahrt gegürtet Auf unserem Boote. Herbstlich wehe Schauer Erzitterten im aufgeblühten Ried Und in den Eichenblättern wie ein Lied Von Untergang und banger Trennungstrauer. Dann kam der Freund zu uns an Bord der Schunke. Doch fehlten Flötenklang und Spiel der Saiten Den Scheidenden zum letzten Abschiedstrunke. Der Herzen Riegel lösten sich im Weine, Und manches Wort von leerem Abschied fiel. Der Strom erglänzte weithin ohne Ziel Umfangen von des Mondes bleichem Scheine. Und plötzlich tönte durch die Nacht ganz leise Von fernher über Flut und Mondgeflimmer Ein Lautenspiel mit schlichter, süßer Weise. Wir alle lauschten überrascht und saßen Von diesen Klängen wunderbar gebannt, So daß der Freund kein Abschiedswort mehr fand Und wir die Abfahrt und uns selbst vergaßen. Wir spähten nach dem Spielmann dieser Lieder, Und als wir fragten, durch die Stille rufend, Da schwieg das Spiel, und Antwort scholl nicht wieder. Doch langsam kam ein Nachen hergeschwommen Mit einer Frau. Wir luden froh sie ein, Wir füllten in die Becher neuen Wein, Entfachten neu die Lampen, die verglommen. Viel hundert Male mußten wir sie bitten, Und endlich kam sie, ihr Gesicht verbergend, In unseren Kreis mit zögernd zagen Schritten. Ihr schmales Händchen zitterte und irrte Und prüfte lange jeder Saite Klang, Bis jeder Ton in klarer Reinheit schwang Und sich der Stimmen Drang zum Lied entwirrte. Es war ein Lied von wunden Traurigkeiten Enttäuschtem Hoffen und verlorenem Leben. Sie beugte tief ihr Antlitz auf die Saiten, Und jede Saite fest und hart geschlagen Klang wie ein Aufschrei laut und streng und voll. Ein Übermaß von tiefster Trauer quoll Und formte sich zu vorwurfsvollen Klagen. Doch sanftere Weisen werden wach und singen Von Liebessehnen und von süßen Träumen, Von irdischen und himmlisch hohen Dingen. Sie führt das Blättchen langsam bald, bald schneller; Herbstregen rauscht, Geflüster lispelt zart, Die Töne rieseln wundersam gepaart, Wie Perlen rinnen in kristallene Teller. In Blumengärten singen Nachtigallen, Verborgen unter Gräsern raunen Quellen Mit leisem Murmeln und verhaltenem Wallen. Das Lied zerfließt in immer schwächeren Klängen. So stirbt des Flusses Stimme, wenn das Eis Sich auf ihn legt. Kein Laut mehr. Doch man weiß, Er ringt, die Decke rauschend zu zersprengen. Oh, dieses Schweigen! Wenn sich in der Tiefe Der Seele heimlichste Gefühle bergen! Verhaßt die Hand, die sie zum Leben riefe, Bevor sie selbst die Fesseln stürmisch brechen! Noch zittert von der Töne Überschwall Im Herzen nach ein letzter, müder Hall. Oh, wie viel schöner schweigen dann, als sprechen! Dann bricht es los. – So fallen die befreiten Vereinten Wasser aus gestürzter Vase. Das Blättchen rast und wirbelt auf den Saiten. Wie Waffenklirren auf dem Eisenkleide Des schnellen Reiters jagt die Weise fort, Und dann ein letzter, zuckender Akkord, So wie ein jäher Riß durch weiche Seide. Das Spiel war aus. – Kein Laut durchbrach das Schweigen. Der Herbstmond schmiegte sich ans Herz des Stromes. Sie dankte uns mit einem müden Neigen. Dann steckte sie das Blättchen auf die Laute, Strich glättend über ihr Gewand und stand Noch zögernd, bis sich Wort zum Worte fand Und sie ihr Schicksal stockend uns vertraute: "In Tschang-An, in der Hügelvorstadt, waren Besitzer eines Häuschens meine Eltern. Ich hatte trefflich schon mit dreizehn Jahren Das Lautenspiel gelernt. Die ersten Töne Genügten, daß mich jeder Meister pries. Um meine Schönheit hold, mein Antlitz süß Beneidete selbst Tsou-Niang mich, die schöne. Mein Name galt als erster bald von allen. Von Wu-Ling selbst die stolzen, jungen Herren Wetteiferten darin, mir zu gefallen. Ein Lied erwarb mir Ballen roter Seide. Geschmeide brach von Gold und Elfenbein, Auf meine seidene Schürze floß der Wein, So tobte auf mein Spiel die Beifallsfreude. Und während so in Luft die Jahre gingen, Versäumte Herbstmond ich und Frühlingsblühen. Die Mutter mußte ich zu Grabe bringen, Der Bruder kehrte nicht mehr aus dem Kriege. Der Wangen Lieblichkeit schwand mehr und mehr; Bald war die Schwelle meines Hauses leer, Und selten scharrten Rosse an der Stiege. Ein Kaufmann wählte mich zu seinem Weibe, Der Geld nur liebt und nach Gewinn nur trachtet. Ihm gilt es wenig, wenn ich fern ihm bleibe. Vor einem Jahre zog er ohne Klage, Tee einzukaufen, nach der Stadt Fu-Ljiang Und seither keine Kunde zu mir drang, Und trüb und einsam schleichen meine Tage. Ich lasse langsam meinen Nachen gleiten, Wenn auf die kalte Flut der Herbstmond schimmert. Dann träume ich von frohen Jugendzeiten. Die Laute singt von meinem stillen Leide, Und meine Tränen fallen fort und fort Auf meines kleinen Nachens roten Bord Und netzen mein Gewand und mein Geschmeide." Schon bei den Klängen ihrer Laute legte Sich heißes Mitgefühl in meine Seele. Oh, wie mich ihre Rede jetzt bewegte! "Du arme Frau," so fiel auch ich in tiefes Leid! Im Herzen tragend gleiche Traurigkeit, Was braucht es mehr noch, daß wir Freundschaft hegen? Ein Jahr schon muß ich fern der Hauptstadt leben, Seit man in diese Ode mich verbannte, Wo Fieberdünste zehrend uns umschweben; Und fast ein Jahr auch lag ich krank im Bette. Am flachen Ufer drüben steht mein Haus. Nur gelbes Schilfrohr breitet blaß sich aus, Und armer Bambus wächst an dieser Stätte. Hier dringt kein Saitenspiel zu meinem Ohre, Kein sanftes Flötenlied. – Nur Affen kreischen, Nachtschwalben schreien todeswund im Rohre; Und grüße ich des Herbstes klaren Morgen, Den Strom, die Blumen und den Mondenschein, Dann sitze einsam ich bei meinem Wein, Und mit den Sinnen schwinden erst die Sorgen. Doch, hört man hier nicht dörfliche Gesänge Und Schilfrohrpfeifen? – Ach, mein Ohr verwunden Mit ihrem Mißgetön die Jammerklänge! Und heute klang dein Spiel in süßer Schöne! Vom Himmel stieg die göttliche Musik, Weit offen stand mein Herz im Augenblick! Oh, bleibe noch und spende neue Töne. Und zu den reinen Klängen deiner Laute Verflechte ich für dich dann zum Gedichte Dein Schicksal, das dein Mund uns anvertraute." Schon klang ein neues Lied von tiefem Leide, Und keiner schämte mehr der Tränen sich. Ich aber weinte, weinte bitterlich, Und tränkte der Verbannung dunkle Seide.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 95-100.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 95-100.
  • Qing ping diao ci san shou (1) "Yun xiang yi shang hua xiang rong" 清平調詞三首(其一)“雲想衣裳花想容”: Auf eine schöne Frau im kaiserlichen Garten (Li Bai 李白)
    In den Wolken, die da ziehen, Sehe ich ihr helles Kleid; In den Blumen, die da blühen, Ihrer Wangen Lieblichkeit. An die Marmorbrüstung hängen Frühlingswinde blanken Tau, Daß die Perlen dicht sich drängen Wie im Schmuck der schönen Frau. Kühne Menschenträume träumen Von Altanen aus Nephrit In des Himmels hohen Räumen, Die kein sterblich Auge sieht. Aber meine Augen sehen Den demantenen Altan, Wo der Schönen Füße gehen In des Mondlichts Silberbahn.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 59.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 59.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 59.
  • Shang chun ci 傷春詞: Die Trauernde (Bai Juyi 白居易)
    Vor ihrem Hause neigen Sich grüßend an den Zweigen Vieltausend Blümelein, Und in ihr Fenster schallen Der frohen Nachtigallen Verliebte Melodei'n. Doch suchend aus dem wirren Geschmeide Blicke irren, Und Tränen rinnen heiß. Der Vorhang fällt, zu scheiden Sie von den Frühlingsfreuden, Darum sie doch nicht weiß.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 36.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 36.
  • Shi bi (Jin ji ben tuo ci shou) 失婢: Bei der Suche einer kleinen Sklavin (Bai Juyi 白居易)
    Ja, zu niedrig war die Mauer Und der Weg zu schlecht bewacht! Was hat sie dazu gebracht? Frage ich mich jetzt mit Trauer. Fehlte es vielleicht an Güte? War der Dienst zu hart und streng? Ach, der Käfig war zu eng, Und die winbewegte Blüte Wollte nicht am Baume kleben. – Armes Kind, wo bettest du Dich in dieser Nacht zur Ruh? Nur der Mond kann Antwort geben.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 29.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 29.
  • Shu zhong cao 樹中草: Gräser auf dem Maulbeerbaum (Li Bai 李白)
    Vögel rupfen, Vögel zupfen, Gräser auf dem Maulbeerbaum, Die auf Wiesen Sonst nur sprießen. Ist es Wahrheit oder Traum? Toter Äste Fremde Gäste Dürfen sie den Frühling sehn. Gräser neigen Sich von Zweigen! Wer kann hier den Sinn verstehn? Tote geben Fremdes Leben. Eines nur im anderen lebt. Sterben, werden Sind auf Erden Oft geheimnisvoll verweht.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 79.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 79.
  • Song yuan er shi an xi 送元二使安西: Abschied (Wang Wei 王維)
    Ein Regen fällt, die Luft wird rein, Verschwunden ist der Staub. Das Gasthaus grüßt und lädt uns ein Ins frische Weidenlaub. Noch einen Becher trinken wir, Bevor du weiterziehst Und keinem Freunde mehr wie hier Ins treue Auge siehst.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 35.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 35.
  • Su xi weng (Shi chu chu lang guan fu chao) 宿溪翁(時初除郎官赴朝): Der Alte vom Strom (Bai Juyi 白居易)
    Des Menschen Herz liebt Gold und Edelstein, Des Menschen Mund verlangt nach Krug und Wein. Nicht so der Alte, den am Strom ich fand. – Er füllt den Kürbis sich am Brunnenrand. Nördlich des Stroms wehrt eine Höhe gut Von Haus und Stall der Überschwemmung Flut. Südlich des Stroms wächst mehr, als begehrt, Gras für sein Vieh und Holz für seinen Herd. Mit Saat bestellt er einen Morgen nur, Im Lenz treibt er zwei Kälber auf die Flur. Und dieses Leben ist ihm Glück und Ruh, So wünscht er es, und nichts wünscht er dazu. Ihn traf ich jüngst, als mich nach einer Rast Gelüstete. Gleich lud er mich zu Gast. Er wies ein Lager mir von frischem Stroh, Und niemals noch schlief ich so fest und froh. Beim Abschied, wer ich sei, von ihm gefragt, Hab' ich ihm willig Rang und Stand gefragt. Der Alte aber zweifelt, lacht und spricht: "Ein Staatsrat du? Der schläft in Scheunen nicht!"

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 86.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 86.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 68.
  • Ti yu quan si 題玉泉寺: Besuch im Kloster bei der Jadequelle (Bai Juyi 白居易)
    Silberweiß und silberhell Sprudelt der kristallene Quell. Aller Erdenlast befreit Glaube ich zu fliegen, Weit, ganz weit, unendlich weit Mit den Wolkenzügen. Müßig ist mein Herz und leicht, Und in lichter Helle Leuchtet es verklärt und gleicht Ganz der reinen Welle. Nehme meinen Stab zur Hand, Und das weiße Seidenband Schlinge ich zur Haube. Stieg ich selbst den Berg hinan? Einen neuen Wandersmann Schuf ein neuer Glaube.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 66.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 66.
  • Ti yuan dan qiu shan ju "Gu ren qi dong shan" 題元丹丘山居 “故人棲東山”: Im östlichen Hochland (Li Bai 李白)
    Im östlichen Hochland auf schwebender Halde Da wohnt mein Freund, den Bergen vertraut. Er schlummert noch friedlich im einsamen Walde, Wenn hoch schon die Sonne vom Himmel schaut. Der spielende Waldwind entstäubt seine Kleider, Der Quell wäscht das Herz und das Auge ihm hell. Ihn kümmert die Welt nicht der Schwätzer und Neider; Oh, wär ich mit ihm doch der Wolken Gesell.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 47.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 47.
  • Ting shu seng xun tan qin 聽蜀僧濬彈琴: Ein Mönch spielt die Harfe (Li Bai 李白)
    Stieg ein Mönch vom Berg zu Tale, Trug zu mir sein Saitenspiel. Oh, wie da mit einem Male Aller Kummer von mir fiel! Seiner Harfe Saiten sangen, Hüllten sanft und süß mich ein; Wie vieltausend Kiefern klangen Sie im Abendsonnenschein. Und die klaren Klänge flossen Licht und lauter wie ein Quell; Wie sie sich in's Herz ergossen, Wuschen sie es rein und hell. Strenge Klosterglocken nahmen Mit sich fort den letzten Hall. Herbstlich graue Wolken kamen, Und die Nacht war überall.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 32.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 32.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 62.
  • Ting song 庭松: Die Fichten meines Gartens (Bai Juyi 白居易)
    Vor den Stufen meiner Halle Meine stolzen Fichten stehen, Nicht in Reihen, nein, sie alle Wachsen wie auf Bergeshöhen. Während jüngere kaum sechs Ellen, Ältere wohl acht Meter ragen, Bleichen sie den Waldgesellen, Die nach keinem Gärtner fragen. An des blauen Daches Zinnen Streift der Wipfel breite Masse, Und die Wurzeln rissen Rinnen In die Fläche der Terrasse. Wie befohlenes Gesinde Zu des Landes reichen Fürsten Kommen morgens, abends Winde Ihre Zweige rein zu bürsten. In des Herbstes rauhen Stürmen Klagen sie mit dumpfem Tone, In des Sommers Glut beschirmen Mich die Schatten ihrer Krone. Fällt der Frühlingstau, dann hangen Perlen, reich, an ihrem Kleide, Und im stillen Winter prangen Sie in weicher, weißer Seide. Als die lieben Nachbarn hörten, Daß ich nur, weil ein paar Bäume Gänzlich meinen Sinn betörten, Alte, liebgewordene Räume Gern verließ mit Kind und Kegel, Lachten sie mich aus und schalten, Hielten's wider aller Regel, Nannten schier verrückt den Alten. Da sie mein nach Brief und Siegel, Prüf' ich nun, was sie mir gaben: Weiß, daß sie der Sorgen Riegel Mir nur neu geöffnet haben. Und doch weiß ich auch zu schätzen, Was als Freunde sie bedeuten, Weil den Mangel sie ersetzen Des Gesprächs mit weisen Leuten. Wenn ich dann und wann bedenke, Wie ich noch der Welt ergebe, Wie an Rock und Wehrgehenke Staub und Schmutz der Welt noch kleben, Fühle ich vor meinen Fichten Tiefe Scham im Herzen brennen Und ich muß darauf verzichten, Mich den rechten Herrn zu nennen.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 87f.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 87f.
  • Wan qiu xian ju 晚秋閒居: In meinem einsamen Häuschen (Bai Juyi 白居易)
    In meinem Häuschen, von den Menschen weit, Von Gästen selten nur gefunden, Genieße ich der Einsamkeit Und Muße stille Stunden. Ich wandle langsam im bequemsten Rocke Durch meinen kleinen Hof; den niemanden fegt. Mit welkem Laub hat ihn der Herbst belegt: Es raschelt leise unter meinem Stocke.

    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 70.
  • Wang chuan ji (15): Bai shi tan 輞川集(其十五):白石灘: Mein Lieblingsplätzchen (Wang Wei 王維)
    Mein Lieblingsplätzchen ist ein Stein Bei einer klaren Quelle. Ach, nirgends schmeckt ein Becher Wein Mir wie an dieser Stelle. Und mich versteht der Frühlingswind: drum läßt er Blüten regnen Und schwanke Weidenzweige lind Den Becher streicheld segnen.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 55.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 55.
  • Wo ji lai zao wan 臥疾來早晚: Krank (Bai Juyi 白居易)
    Wie lange bin ich nun ein kranker Mann? So leer und langsam schleichen meine Tage, Daß ihrem Lauf ich nicht mehr folgen kann. Wohl hundert sind's, daß ich dies Schicksal trage. Die Mägde finden schon im Wiesengrund Die Kräuter alle, die dem Hausherrn frommen, Und kommt der Arzt, dann bellt nur mehr mein Hund, Ganz so, wie wenn vertraute Freunde kommen. Die Krüge sind mit Schimmel längst bedeckt, Mit Staub die Decken, die den Festsaal schmücken. Wie trag ich's, wenn der Lenz die Erde weckt, Vom Bette aus in seine Pracht zu blicken?

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 23.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 23.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 68.
  • Wu ye ti "Huang yun cheng bian wu yu qi" 烏夜啼“黃雲城邊烏欲棲”: Die Raben krächzen (Li Bai 李白)
    Gelbe Wolken drohen, Und die Raben flohen Ihren Bäumen zu. Durch des Abends Schweigen Tönt es ohne Ruh "Jah, Jah" aus den Zweigen. Einsam weht zum Kleide Eine Frau die Seide, Und sie blickt hinaus; Sieht das Nachtgefieder Dunkel um das Haus Flackern auf und nieder. Stimmen hört sie klingen Aus dem Chor. Sie dringen Klagend an ihr Herz. In die schmalen Hände Weint der Sehnsuchtsschmerz Tränen ohne Ende.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 71.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 71.
  • Xi er xi zuo 洗兒戲作: Glückwunsch für den Neugeborenen (Su Shi 蘇軾)
    Ein jeder Vater dieser Erde, Wünscht seinem Sohn, daß klug er werde. Ich will dein Bestes, Sohn, und drum Muß ich dir wünschen: Werde dumm! Mir war die Klugheit nur zur Last. Ich will, daß du es besser hast. Du lebst gesund und immer heiter, Rasch steigst du auf der Ehrenleiter, Und Ruhm und Reichtum werden groß, Wirst du nur dumm und rücksichtslos.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 48.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 84.
    Translation quoted from "Chinesische Dichter in deutscher Sprache (Peking, Leipzig 1926) p. 48.
  • Xi er xi zuo 洗兒戲作: Ein jeder Vater dieser Erde (Su Shi 蘇軾)
    Ein jeder Vater dieser Erde Wünscht seinem Sohn, daß klug er werde. Ich will dein Bestes, Sohn, und drum Muß ich dir wünschen: Werde dumm! Mir war die Klugheit nur zur Last. Ich will, daß du es besser hast. Du lebst gesund und immer heiter, Rasch steigst du auf der Ehrenleiter, Und Ruhm und Reichtum werden groß, Wirst du nur dumm und rücksichtslos.

    in: Oehlke, Waldemar (ed.). Seele Ostasiens. Chinesisch-japanischer Zitatenschatz. Berlin: F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung, 1941. p. 155.
  • Xia ri shan zhong 夏日山中: Ein Sommertag (Li Bai 李白)
    Ein Sommertag. – Ich lieg' mit nackter Brust Im grünen Walde, langsam unbewußt Den Fächer führend mit der müden Hand. Die Mütze hing ich an des Felsen Rand, Und von den Fichten her spielt lau und lind In meinem Haar ein zarter Abendwind.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 46.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 46.
  • Xiao qing 曉晴: Nach dem Regen (Li Bai 李白)
    Der Regen, der so fein und dicht Und endlos rieselte, hat aufgehört. Die Fluren dehnen sich im Licht, Und ihre Farben leuchten neu vermehrt. Allüberall ein Wachsen, Blühen, Schwellen! Zahllose Fischlein schimmern hell und schnellen Mutwillig auf des Weihers Flut. Von Drosseln schwer biegt sich der grüne Ast; Sie schmettern voller Übermut Ihr frohes Morgenlied. Die Perlenlast Der Tropfen, die noch an den Gräsern hangen Krümmt ihre Rücken. Mit gewaschenen Wangen Lacht jede Blüte in den Tag. Das letzte Wölkchen, das noch wie ein Kranz Um jene Bambuswipfel lag, Zerflattert zitternd in den Sonnenglanz.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 57.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 57.
  • Yi dong shan er shou (1) "Bu xiang dong shan jiu" 憶東山二首(其一)“不向東山久”: Erinnerung an die Stadt Tung-Schang (Li Bai 李白)
    Fern liegt die Zeit, da ich zum letztenmal In Tung-Schang war; weiß nicht, wie oft die Rosen Seither geblüht, und fällt vom Himmelszelt Zur Erde und auf Tung-Schang durch die losen, Verstreuten Wölkchen hell der Mondesstrahl, Dann weiß ich nicht, in wessen Haus er fällt.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 21.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 21.
  • Yi jiang liu 憶江柳: Meine Weide (Bai Juyi 白居易)
    Am Ufer des Sees, am lauschigsten Ort, Da pflanzte ich sie, und dann mußt' ich fort. Zwei Frühlinge schon, daß ich fern ihr bin: Meine Weide will mir nicht aus dem Sinn. Ich weiß, daß sie blüht, ich weiß aber nicht, Wer jetzt ihre blühenden Zweige bricht.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 68.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 68.
  • Yin jiu shi er shi shou (5) "Jie lu zai ren jing" 飲酒詩二十首 (其五) "結廬在人境": Einsamkeit (Tao Yuanming 陶淵明)
    Meine Strohhütte ist auf der Erde gebaut, Doch rings um sie her da schallt es nicht laut, Von Wagengerassel und Pferden. Warum? Weil mein Herz nichts wissen mehr will Von der Welt da draußen, drum mußte es still Um die einsame Hütte auch werden. Ich pflückte die Astern am östlichen Zaun Meines Gartens und mußte hinüber schau'n Auf der Südberge schimmernde Gipfel. Sie lagen im Abend ganz nah und klar, Und der Vögel flatternde, zwitschernde Schar Kehrte heim in die hütenden Wipfel. Und der tiefe Sinn, der in allem war, Der wurde mir plötzlich vertraut und klar, Beinahe wurden es Lieder. Doch alle Worte, die ich erdacht, Vergaß ich wieder, und dann kahm die Nacht, Und ich finde die Worte nicht wieder.

    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 48.
  • Yong lao zeng meng de 詠老贈夢得: An einen gleichaltrigen Freund (Bai Juyi 白居易)
    Du und ich, mein Freund, wir wurden beide alt und grau. Was das Alter für uns brachte? Prüfen wir's genau! Auf die Lider sich der Schlaf schon vor dem Abend legt. Unser Haupt ist noch am hellen Mittag ungepflegt. Auf den Stock uns stützend gehn wir kurze Streckchen aus, Sitzen fröstelnd dann im Lehnstuhl trotz geschlossnem Haus. Wollen nicht im Spiegel schauen unser Angesicht. Für die Schrift der Bücher taugt das trübe Auge nicht. Mehr und mehr zu alten Leuten zieht's uns Alte hin; Nach der Jugend Festen steht jetzt nicht mehr unser Sinn. Eines blieb uns nur wie früher, blieb gleich stark und schön: Unseres Grußes Freude, wenn wir zwei uns wiedersehn.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 26.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 26.
  • Yong lin nü dong chuang hai shi liu 詠鄰女東窗海石榴: Der Granatbaum (Li Bai 李白)
    Unter deinem Fenster schmückte Der Granatbaum über Nacht Sich mit Blüten. Nie entzückte Menschenaugen solche Pracht. Abendwind mit vollem Arme Trägt mir seine Düfte zu, Liebe Vögel fliehn im Schwarme In sein dicht Geäst zur Ruh. Roter noch als die Korallen Leuchtet seiner Blüten Schein. Ach, es könnte mir gefallen, Selbstt ein Blütenreis zu sein. Hin und wieder wollt' ich schwanken Blütenschwer im weichen Wind, Und mit meinen Blütenranken Streifte ich dein Kleid –, ganz lind. Darf ich mir doch niemals pflücken Eine Blüte mit der Hand, Darf nur nach dem Tore blicken, Das so grausam mich verbannt.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 70.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 70.
  • You gan san shou (3) "Wang shi wu zhui si" 有感三首 (其三) "往事勿追思": Beschränkung (Bai Juyi 白居易)
    Löse los Dich von den Dingen, Die vorbei sind und getan! Nur Verdruß wird es Dir bringen, Denkst Du heute noch daran. Denke auch nicht, was wird morgen, Was wird übermorgen sein! Denn auch das schafft Dir nur Sorgen, Und was kommt, das kommt allein. Tags in seinen Stuhl sich schmiegen Wie ein Sack und bei der Nacht Wie ein Stein im Bette liegen, Scheint mir eher angebracht. Ißt gefüllt der Becher, trinke! Iß, sobald das Mahl bereit, Und in festen Schlaf versinke, Lieber Freund, zur Schlafenszeit!

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 67.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 15.
  • You gan san shou (3) "Wang shi wu zhui si" 有感三首 (其三) "往事勿追思": No title ("Löse los dich von den Dingen") (Bai Juyi 白居易)
    Löse los dich von den Dingen, Die vorbei sind und getan! Nur Verdruß wird es dir bringen, Denkst du heute noch daran. Denke auch nicht, was wird morgen, Was wird übermorgen sein! Denn auch das schafft dir nur Sorgen. Und was kommt, das kommt allein.

    in: Fink-Henseler, Roland W. (ed.). Brevier fernöstlicher Weisheit. Sprichwörter, Aphorismen und Gedichte aus Japan und China. Bayreuth: Gondrom Verlag, 1984. p. 124.
    Excerpt
  • You nan yang qing leng quan 遊南陽清泠泉: An der Tsching-Ling-Quelle (Li Bai 李白)
    Der Abend dämmerte herauf, Die Sonne sank und schwand. Da folgte ich des Bächleins Lauf, Bis ich die Quelle fand. Sie sprudelt kühl und sprudelt rein. Den letzten Sonnenstrahl Fing ihre Welle spielend ein Und trägt ihn mit ins Tal. Im Murmellied der Quelle klingt Des Lebens Auf und Ab, Und auch ein letztes Leuchten schlingt Sich wohl mit ihm hinab. Ich blicke auf. Aus Wolken steigt Der Herbstmond groß und klar. Das leise, süße Singen schweigt, Das in den Kiefern war.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 13.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 13.
  • You ren hui su 友人會宿: Eine Sommernacht mit dem Freunde (Li Bai 李白)
    Leid von tausend Jahren Jagt die Luft dahin, Die ich heut erfahren, Weil ich bei dir bin. Die sich zugehören, Ruhen dicht gesellt, Krug auf Krug zu leeren Weit von aller Welt. Durch die stille Stunde, An dem stillen Ort Klingt aus Freundesmunde Wie ein Lied das Wort. Daß der Schlaf uns meide, Gießt der Mond sein Licht Silbern auf uns beide, Und verläßt uns nicht. Wein und Liebe trinken Selig wir zu zweit, Bis wir ganz versinken In die Trunkenheit. Auf der Erde Kissen Herrlich hingestreckt, Und vom Himmel wissen Wir uns zugedeckt.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 76.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 76.
  • Yue xia du zhuo si shou (1) "Hua jian yi hu jiu" 月下獨酌四首(其一)“花間一壺酒”: Vier Trinklieder, I. "Unter Blumen und Blüten ein Krug mit Wein" (Li Bai 李白)
    Unter Blumen und Blüten ein Krug mit Wein! Kein Freund will heut mit mir trinken. Doch der Mond ist da, ich bin nicht allein; Er grüßt mich mit freundlichem Blinken. Ich muß mit dem Becher ihm winken. Der Mond und mein Schatten und ich, wir sind drei, Das sei eine lustige Runde! Ach, der Mond ist als schlechter Trinker dabei, Er lächelt mit trockenem Munde, Und mein Schatten kriecht träge am Grunde. Doch sei's, wie es sei! Der Mond ist mein Freund, Und mein Schatten ist an mich gebunden Als treuester Sklave, wir müssen vereint Des Frühlings blühende Stunden Genießen, bevor sie entschwunden. Ich singe ein Lied, und der bleiche Gesell Spannt die silbernen Saiten zur Weise. Ich tanze. Mein Schatten versteht mich, und schnell Wie ich selbst, springt er mit mir im Kreise Und hüpft in vertracktem Geleise. So scherzen wir wachend, wir drei im Verein, Bis mein Rausch mir fesselt die Glieder. Da verlassen sie mich, und ich bleibe allein, Doch ich finde die trefflichen Brüder Im Traum auf der Milchstraße wieder.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 41.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 41.
  • Yue xia du zhuo si shou (2) "Tian ruo bu ai jiu" 月下獨酌四首(其二)“天若不愛酒”: Trinklieder, II. "Ich weiß es gewiß, daß vom Himmel dem Wein die zärtlichste Liebe gezollt ist" (Li Bai 李白)
    Ich weiß es gewiß, daß vom Himmel dem Wein Die zärtliche Liebe gezollt ist. Sonst strahlte kein Weinstern mit freundlichem Schein, Und daß auch die Erde ihm hold ist, Der Weinquell beweist's, der wie Gold ist. Zum Weine, dem Erde und Himmel nicht gram, Darf auch ich drum in Liebe entbrannt sein, Zum leichten und schweren; wie jüngst ich vernahm, Soll der leichte als "Edler" bekannt sein, Und der schwere ein "Weiser" genannt sein. Die "Weisen" und "Edlen" sehe ich gern, Und immer mit ihnen verkehrt' ich. Von Engeln und Heiligen hielt ich mich fern, Bei ihnen fand nie einen Wert ich, Und leicht ihren Umgang entbehrt' ich. Die Reife beginnt nach drei Bechern Weins. Ist der Krug erst geleert, nicht ein Zaun ist Zwischen mir und der Welt mehr, wir beide sind eins, Von dem aber, was dann zu schauen ist, Den Nüchternen nichts zu vertraun ist.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 42.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 42.
  • Yue xia du zhuo si shou (4) "Qiong chou qian wan duan" 月下獨酌四首(其四)“窮愁千萬端”: Vier Trinklieder, IV. "Zehntausend mal tausend stürmen sie ein" (Li Bai 李白)
    Zehntausend mal tausend stürmen sie ein, Die Sorgen in drohendem Reigen. Und dreihundert Becher mit köstlichem Wein, Nur dreihundert noch sind mein eigen, Mehr werden dem Krug nicht entsteigen. Der Becher sind wenig, der Sorgen sind viel; Und doch, sie zum Teufel zu jagen, Für diese dreihundert ein Kinderspiel! Wenn die Schlacht wir zu Ende geschlagen, Wird keine zu bleiben mehr wagen. O Wein, du Vermittler der Göttlichkeit! Sobald deine Kräfte sich regen, Dann öffnet mei Herz seine Tore ganz weit Deiner Wundermacht heilendem Segen, Dem herrlichsten Rausche entgegen. Von seltsamen Heiligen wird uns erzählt; Sie vergaßen das Trinken und Essen Und haben sich langsam zu Tode gequält, Von törichter Ruhmsucht besessen. Wir wollen sie lieber vergessen. Da hat jener andre weit besser getan: Auch er mied der Menschen Vereine; Doch vorher belud er besorgt seinen Kahn Mit Hummerscheren und Weine. Mir genügte der Wein auch alleine. In der Nähe der Treber da bin schon ganz Wie im Himmel ob dem, was ich ahne. Und wir haben Wein gar und freundlichen Glanz Des Mondes auf unserem Altane: Drum trinket, ihr edlen Kumpane!

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 43f.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 43f.
  • Zao fa chu cheng yi 早發楚城驛: Aufbruch in der Frühe (Bai Juyi 白居易)
    Von Blatt und Blüte wusch der Regen Des letzten Tages Staub und Ruß. Auf grünen, flachen Uferwegen Begleiten wir den dunklen Fluß. Den letzten Rest der Nacht durchbricht Des Mondes bleiches Silberlicht. Wir wandern gut. Des Morgens Kühle Beschwingt den Fuß. Ein frohes Lied Verscheucht die Schwermut der Gefühle, Mit der die Nacht uns noch umzieht. Ein Nebelschleier senkt sich grau Und schmückt die Lotosbank mit Tau. Ein Bächlein lustig plätschernd schlingt sich Quer durch den Reis. Fern tönt Gebell Von Hunden. Aus dem Neste schwingt sich Ein Vogel und entflattert schnell. Die Dämmerung schimmert durch den Hag: Zehn Meilen noch, dann ist es Tag!

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 24.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 24.
  • Zeng meng de "Nian yan lao shao yu jun tong" 贈夢得 "年顏老少與君同": Die Unverwüstlichen (Bai Juyi 白居易)
    Gleich an Tagen, gleich an Plagen, gleich an Gut und gleich an Mut: Du und ich, mein Freund, wir passen wahrlich zueinander gut. Unser Auge sieht noch etwas, etwas hört noch unser Ohr, Und da kommen wir uns beide ganz wie junge Burschen vor. Lädt ein Frühlingstag zum Zechen, kommt so leicht uns keiner gleich; Und vorweg den Allerjüngsten nehmen wie den kecksten Streich; Borgen uns vom Uferwächter, ohne daß er's weiß, das Pferd, Bei der Kahnfahrt stört's uns wenig, daß der Kahn Herrn Ling gehört. Es verdrießt die braven Bürger, daß wir alt sind und noch froh, Und sie nennen uns die beiden tollen Alten Li und Bo.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 50.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 50.
  • Zeng tan ke 贈談客: Beim Besuchen eines geschwätzigen Bekannten aus der Stadt (Bai Juyi 白居易)
    Oh, solch Besuch aus der Stadt! Was träfe mich schlimmer! Ruhig plätschert der Rede nicht endender Fluß, Und die Stirne des Hausherrn kräuselt verhehlter Verdruß, Seine gescheuchten Gedanken durchflattern das Zimmer: Herr, ich bitt euch, erlaßt mir zu hören, was immer In der Stadt sich begab. Ich hatte so fein Eben die Leier gestimmt; gerade da tratet Ihr ein.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 28.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 28.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 69.
  • Zhe he you zeng 折荷有贈: In den Lotosblumen (Li Bai 李白)
    Der Lotos blüht, und die Sonne lacht. Ich wate hinein in den Teich. Der roten Blumen frischblühende Pracht Hat rings um mich her ihre Gluten entfacht. Ich schließe ans Herz sie, ich streichle sie sacht Und fühle mich glücklich und reich. Ich schwinge sie hin, und ich schwinge sie her Und tauche sie tief in die Flut. Dann tragen sie Perlen vieltausend und mehr; Und ich schwinge sie hin, und ich schwinge sie her, Damit ich den Perlen das Rundsein verwehr: Nur die langen gefallen mir gut. Aus rosiger Wolke hernieder zu mir Grüßt lächelnd das lieblichste Kind. Oh, alle die Blumen mit glitzernder Zier, Ich will sie dir pflücken, ich schenke sie dir; Doch du schimmerst oben, und ich stehe hier, Und mein Sehnen zerflattert im Wind.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 31.
    alternative Chinese title: 古風, "涉江玩秋水"
  • Zhu ren gong you zhou jia mu bo xia shi 諸人共遊周家墓柏下詩: Auf der Grabstätte (Tao Yuanming 陶淵明)
    Wir musizieren. – Breit und rein Verrinnt die Weise durch den ernsten Hain Der Grabzypressen in dem schönen Tage. Wie ich der Toten denke, die hier ruh'n, Erhebt aus meinem Herzen sich die Frage: Warum ein Leben arm an Freude leben Und reich an Sorge nur und Plage? Solange solche Klänge freundlich schweben, Solange Wein noch grünlich schimmernd fließt, Der Jugendrot auf alte Wangen gießt Und unsre Sorgen immer noch zerstreute? Wer kann den Schleier vor dem Morgen heben? Zum freien Atmen bleibt uns nur das Heute!

    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 48f.
  • Zi qian "Dui jiu bu jue ming" 自遣 “對酒不覺瞑”: Verlassenheit (Li Bai 李白)
    Trinkend saß ich und achtete nicht, Wie das Dunkel der Nacht mich umhüllte. Blütenblätter rieselten dicht, Daß des Mantels Falte sich füllte. Ich erhob mich trunken und wanderte schwer, Und der Mondstrahl wies mir die Straße. – Die Felder dehnten sich menschenleer, Die Vögel schliefen im Grase.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 61.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1954. p. 61.
  • Zi qin wang fu wu song yi ma shang ou shui shui jiao cheng yin 自秦望赴五松驛馬上偶睡睡覺成吟: Als ich auf meinem Pferde einschlief (Bai Juyi 白居易)
    Wir ritten seit früh, und der Weg war noch lang Bis zur Stätte des gastlichen Herdes, Als Müdigkeit meiner Lider bezwang Und ich einschlief im Sattel des Pferdes. Die Zügel entglitten der zögernden Hand, Die Peitsche hing baumelnd am Lederband. Ich erwachte dann plötzlich und fragte verstört Meinen Diener, wie lang ich geschlafen: "Kaum hundert Schritte machte dein Pferd, Seit du schliefst." Wie die Worte mich trafen! Kaum hundert Schritte! Ein Augenblick! Und ich kam doch aus vielen Aeonen zurück! Mein Körper hatte den Platz getauscht Mit dem Geiste, und langsam ward schnell, Und schnell ward langsam. Ich hatte gelauscht An des Werdens ewigem Quell. Ein ganzes Jahrhundert Leben ist kaum, Hat ein Weiser gesagt, ein Augenblick Traum.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 89.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 89.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 69.
  • Zui zhong dui hong ye 醉中對紅葉: Buntes Herbstlaub (Bai Juyi 白居易)
    Der Wind regt die herbstlichen Zweige. Ich leerte den Krug bis zur Neige, Daß die alten geröteten Wangen Wie die Blätter des Herbstlaubes prangen. Wohl leuchten die Blätter rot und licht. Und dennoch, der Frühling, der Frühling ist's nicht.

    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter des dritten bis elften Jahrhunderts. In deutscher Nachdichtung von Vincenz Hundhausen. Eisenach: Erich Röth-Verlag, 1926. p. 67.
    in: Hundhausen, Vincenz. Chinesische Dichter in deutscher Sprache. Peking, Leipzig: Pekinger Verlag, 1926. p. 67.
    in: Oehlke, Waldemar. Chinesische Lyrik und Sprichwörter. Bremen-Horn: Walter Dorn-Verlag, 1952. p. 70.